Freitag, 9. Januar 2009

Geldbeutel weg

Nach einer ruhigen Nacht auf dem Feld
Jagd per Rad, die ersten 10 km geht es zusammen Richtung Steigung
Blick vom Flusstal bei Koyma Richtung Berge
Der Weg sollte jetzt noch weiter bergab führen bis zu einer Bruecke, auf die dann der Ort Koyma folgen sollte, mit dem Carrefour Koyma, dort ging nach links noch ein Weg in den Senegal und nach rechts nach Mali. Daraufhin sollte dann der Berg von Gaya kommen, dann wieder flach und dann wieder Berg, soweit die Infos.
In der Früh war noch der Sohn der Frau, die ich gestern gefragt hatte da und ich konnte mich auch noch auf Französisch verständigen. Ich hatte es gestern also richtig interpretiert, dass die Übernachtung problemlos wäre. Wir gehen noch einen Stück des Weges, bis ein Freund des Sohnes mit Rad vorbeikam, mit der Buechse über den Schultern, er wollte nach Banane, direkt am Fuss des Berges von Gaya. Daher fuhren wir die Strecke zusammen. Heute schien ein Feiertag zu sein, daher musste für den Abend etwas zu Essen her. Der Feiertag entpuppte sich als moslemisches Neujahrsfest, bei dem es anscheinend vor allem ums Essen geht. Es waren daher noch einige andere Jäger unterwegs, was genau gejagt wurde, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Gleich nach einem km erwische ich ein ordentliches Schlagloch und knax, eine Ortliebhalterung ist gebrochen, jetzt war guter Rat teuer, eine Reparaturlösung erschloss sich mir nicht auf die Schnelle. Dafür wurde improvisiert und einfach die Rucksackbauchschnalle als Halterung verwendet, der Rucksack ist auf den Gepäckträger geschnallt. So konnte es weiter gehen. Mein Radelkollege hatte ein richtiges Rad mit Gangschaltung, das hatte ich bisher hier nicht gesehen, vor allem, dass sie sogar funktionierte. Aber in der Gegend um Mali gab es dann noch mehr Radler mit entsprechender Schaltung, gut für mich, da ich eventuell noch eine Schaltungskette besorgen wollte. In Banane trennten sich dann unsere Wege und es ging den Berg von Gaya rauf, den ich entgegen der Vorraussagen und auch eigenen Befuerchtungen (Coya hatte Eindruck hinterlassen) ohne grosse Schieberei bewältigte, wieder mit tollen Aussichten, unter anderem auch ein Wasserfall. Sogar Affen heizten mal über den Weg, leider sind die immer gleich weg.
In Gaya in der einzigen Boutique gab es dann sogar Thunfisch, den hatte ich nicht mal in Koundara gesehen. Sogar Colapulver gab es hier, eine Wahnsinnsversorgung hier.
Die schöne Gegend versüsst einem den Tag
Genau hinschauen, ein unangekündigter Wasserfall
Hier nochmal in Detailaufnahme (leider etwas diesig der Tag)
Herrlich, egal wohin man schaut, tolle Natur
Der Berg zieht sich noch weiter, aber deutlich flacher. Unterwegs treffe ich noch einen älteren Mann, der auf dem Weg ins Dorf ist um noch für das Fest am Abend Besorgungen zu machen. Er erzählt mir dann schon mal, wie gut man sich es am Abend gehen lässt. Ausserdem bietet er mir gleich mal eine Kolanuss an. Da ich die zum ersten Mal sehe (obwohl die ja recht bekannt sind), weiss ich natürlich nicht, wie man die isst. Er holt daraufhin so eine kleine Dose mit Löchern raus und nachdem die Nuss ein bisschen geschält wurde, wird sie darauf geraspelt. Ich koste dann ein bisschen, naja schmecken in etwa so wie unreife Haselnüsse.
Kolanüsse werden gerieben
Begegnung an der Piste
Da fiel mir ein Stein vom Herzen, in Gaya, wo mein Geldbeutel wieder auftauchte
Ein bisschen weiter steht ein Mann mit Schubkarre und bittet mich um Hilfe, er bräuchte Luft und hätte keine Pumpe, das Werkzeug ist schnell draussen und der Reifen auch wieder prall. Als ich zusammenpacke kommt auf einmal ein Junge mit einem Stück Papier zu mir und drückt es mir in die Hand. Nanu eine gute Karte der Gegend, so eine hatte doch auch Horst, es rattert etwas, bis mir einfällt, dass ich diese in Gambia wohl in die Rucksackdeckeltasche gesteckt hatte und dort vergessen hatte. Leider war dort auch der Geldbeutel untergebracht, heilige Schande, der war nicht mehr drinnen. Irgendwie muss sich der Reissverschluss geöffnet haben??? Also erst einmal ein bisschen panicken. Schnell zur Stelle wo das Papier gefunden wurde, die gleich beim Aufpumpplatz lag, dort war aber nichts weiter. Also mache ich mich auf den Weg zurueck, spätestens in Gaya bei der Boutique hatte ich den Geldbeutel ja noch, das waren gut 5 km. Ich fahre also runter und frage alle Leute unterwegs, aber niemand hat etwas gefunden. Langsam kommen Zweifel, ich hätte an der oberen Stelle genauer suchen müssen, es kann ja nicht sein, dass das Fach 5 km offen war und erst dann die Karte rausfiel.
In Gaya angelangt immer noch relativ aufgeregt, beruhigt mich erst einmal ein älterer Herr, ruhig, ruhig ist doch alles in Ordnung. Der hatte wohl nicht richtig verstanden, mein Geldbeutel ist weg.
Doch doch, ist alles in Ordnung. Und in der Tat war der Geldbeutel gefunden worden. Die Frau des Gemeindepräsidenten, dessen Bruder gerade mit mir sprach, hatte sie auf dem Weg gefunden und ins Dorf gebracht, mit meinem abgelaufenen Perso war auch zu sehe,; dass es sich um einen Touri handelte.
Da fiel mir natürlich ein ziemlicher Brocken vom Herzen, nach vielen Danksagungen und einem Finderlohn ging es dann wieder los, die 200 Höhenmeter aufholen. Natürlich war die Landschaft nun deutlich besser zu geniessen, gerade an den Steigungen ist es besonders schön, da hier sehr abwechslungsreiches Gelände ansteht mit Felswänden und Wasserfällen, sowie immer wieder kleinen Siedlungen dazwischen. Die Leute sind auch weiterhin sehr freundlich und grüssen, meist aber nur mit einem Ca va und Bonjour, am Land können die Frauen eher kein Französisch die Männer eher schon (alternativ geht natürlich auch Pular: Dja Rama). Die Kinder laufen einem oft hinterher und man hört nur wenige Donnez-Moi Rufe. Etwas gewundert haben mich aber die Photo-Rufe, und das ist auch nicht ganz klar zu entwirren. Ich habe immer mal wieder Photo Photo gehört, aber es scheint, dass im Pular (der Sprache der Peul) das was bisher Toubab oder Toubako war, einfach Photi heisst, der weisse Mann also so genannt wird. Teilweise wird man aber geradezu gedrängt ein Photo zu machen, während andere geradezu ablehnend sind (in Mali-Ville werde ich geradezu geschimpft, als ich aber erkläre gar kein Photo gemacht zu haben, entgegnet der Schimpfende, ich könne doch Photos von allem machen, was ich will, ein andermal werde ich nach der Lizenz dazu gefragt, also etwas zwiespältig hier die Einstellung zum Photographieren).
Zwischenplateau nach Mali-Ville
An Felswänden entlang geht es aufwärts
Wenn man stehen bleibt kann es gut sein, dass sich einige Leute dazugesellen, in einer Steigung vor Mali machte ich Rast und es kam gleich ein Motorradfahrer dazu, daraufhin ein zweiter und noch ein Radler. Es wird diskutiert über die Gegend, das Benzin (es soll welches in Labe gesehen worden sein) die Strasse (Verbindung von Mali nach TErmesse ist wohl nicht jede Woche mit LKW gegeben), die sich vielleicht mit der neuen Regierung ändert, aber da kommt ein heftiger Protest von einem der Mofafahrer, der Lehrer ist, und ich höre zum ersten Mal deutliche Worte gegen den Coup, aber auch das Klagen, dass die Region seit der Unabhängigkeit vernachlässigt wird. Der Radler erwähnt am Schluss noch seine Tretkurbelschraube, für die ich einen Schlüssel dabei habe und die daher noch angezogen wird.
Nach Mali, was dann irgendwann ins Blickfeld rückt (es fallen vor allem die Antennen auf) geht es nun moderat weiter, da das Plateau nun erreicht ist, ist die Gegend nicht mehr ganz so stark reliefiert.
Obwohl die Regenzeit schon länger vorbei ist, gibt es viel grün und Farben (die Regenzeit soll noch viel schöner sein)
Kurz vor Mali-Ville, das Gelände wird offen, man merkt nicht, dass man fast den höchsten Punkt des Landes erreicht
In Mali (mit Zusatz Ville, im Unterschied zum Staat) erhoffe ich mir erst mal ein ordentliches Essen und eine gute Auswahl in der Boutique. Ich irre aber erst einmal durch die Strassen und möchte noch schnell meine Uhr reparieren lassen, die Batterie scheint schwach zu sein, da sie nicht mehr auf Tastendruck reagiert. Da taucht noch ein anderer Photi auf und fragt mich was ich suche.
Es ist Erich, ein Amerikaner, der als Freiwilliger beim US Peacecorps arbeitet. Er bringt mich zu einem Freund, der über den entsprechenden feinen Schraubenzieher verfügt. Jetzt gibt es wieder eine exakte Uhrzeit. Erich lädt mich gleich ein bei ihm die Nacht zu verbringen, nachdem es nun doch schon später ist, und er sympathisch ist und die Gegend auch noch auf Erkundung wartet, willige ich gerne ein. Erich hat eine eigene kleine Hütte mit einem sehr einfachen Baderaum, kleiner Küche und zwei Zimmern, die er sich nett hergerichtet hat. Insbesondere die Küche sieht mit den ganzen Zutaten richtig nach Schlaraffenland aus. Wir gehen noch schnell zum Mittagessen, bei einer befreundeten Familie. Es gibt wegen des Feiertags richtig gutes Essen, d.h heute ist mal richtig Gemüse dabei, dafür aber auch wahllose Fleischstücke, hier wird nicht gross sortiert, aber man darf auch etwas zurücklassen.
Nach dem Essen mache ich mich noch zur Dame de Mali auf, einer Felsformation, die sich am Steilabruch gegen den Senegal gebildet hat, und die hier die Hauptattraktion ist, erst als ich dort bin bemerke ich um was es sich handelt. Ich hatte ursprünglich einfach mit einem Aussichtspunkt gegen den Senegal gerechnet. In der Tat kann man neben der Felswand aber auch die Ebene da unten gegen Senegal erahnen. In der Regenzeit soll die Sicht aber besser sein, es war doch ziemlich diesig. Erich kann auch nicht verstehen, warum der LP die Regenzeit nicht empfiehlt. Ich schon, wegen des eingeschränkten Transportes (man sieht ja in der Trockenzeit noch Spuren davon, da die tief eingefahrenen Spuren jetzt hart geworden sind), dafür ist dann das Land am schönsten, d.h. am grünsten und blühendsten und auch die Wasserfälle schwellen an.
Vor dem Blick auf die Dame nehme ich noch die Antenne auf dem Mt. Lura in Angriff, dort ist aber nicht viel mit Aussicht. Erich erzählt mir danach, dass ich noch ein paar Minuten einen Pfad hätte gehen muessen für eine dann auch gigantische Aussicht (man steht dann auf der Dame). Die Dame de Mali taucht dann auf dem anderen Weg linker Hand plötzlich auf, es ist wirklich ein schöner Ort (Bilder liefere ich mal von zu Hause, hoffe ich, hier ist das eine Wochenarbeit (zu Hause auch :), ebenfalls die Tipfehler (zumindest einen Teil) etc). Zurück geht es auf dem Rüttelweg, den mir Erich gut beschrieben hatte. Wenn man den Weg von der Dame weiter fährt, kommt man auf einer wohl sehr üblen Strasse in den Senegal. Erich ist sie mit dem Rad in 15 Stunden gefahren (1400 m runter auf 100 km). Zu abend gibt es noch eine leckere Tortilla, über die Essensabwechslung bin ich richtig froh.
Spritztour zur Dame de Mali
Voila, Mademoiselle, die sich etwas versteckt, erst wenn man wirklich da ist, sieht man sie
Noch eine Aufnahme von einem guten Aussichtsplatz
Erich ist schon ein Jahr hier, das Peacecorps war mir noch kein Begriff, ist aber eine Regierungsorganisation der USA, mit möglichst keinem Regierungseinfluss. Die Mitarbeiter sind grossteils Freiwillige, die mit kleinem Budget vor Ort nachhaltige Entwicklung fördern sollen. Insbesondere in der Landwirtschaft und dem Kleingewerbe, aber auch die hygienischen Zustände sollen verbessert werden. Erich scheint es vor allem die Landwirtschaft angetan zu haben, er ist daher oft in den umliegenden Dörfern, Mali selber ist ja eine Stadt, und versucht den Bauern dort bestimmte Dinge zu unterrichten. Dabei fragte ich ihn schon, ob er schon durchsteigt mit Sinn und Unsinn des Verhaltens der Bevölkerung, manche Sachen sind schwer zu erklären und trotzdem für die Gegend richtig. Das Budget müssen sich die Volunteers oft selber im Internet besorgen, anscheinend gibt es eine Webseite wo man spenden kann, daher dauert es auch etwas. Sein Projekt für eine verbesserte Abfallsammlung nahm mehrere Monate in Anspruch, bis die 300 Dollar beisammen waren.
Erich beschreibt natürlich auch die Probleme bei der Arbeit, ein Unterrichten hier ist etwas ganz anderes, als bei uns, die Leute lernen anders. Auch die Treffen müssen anders ausgemacht werden. Die Leute hier denken sehr kurzfristig. Über eine Woche hinaus kann man nicht planen. Und ein Feiertag blockiert hier gleich mehrere Tage, den Tag davor und den danach auch noch. Wenn jemand hier stirbt wird auch sofort alles stehen und liegen gelassen und zum Haus des Gestorbenen gerannt. Und eine 40 Stunden Woche kann hier auch niemand einhalten, eher 20.
Den Putsch hatten die Peacekeepers in Conakry mitbekommen. Sie wollten gerade nach Sierra Leone um Weihnachtsurlaub zu machen, aber dann ging erst mal nichts mehr. Die Gewehrsalven waren dann wohl auch gut zu vernehmen, später wurden sie aufs Land zu ihren Arbeitsstellen geschickt, da die Lage dort wohl entspannter ist. In Guinea gibt es wohl 100 Personen vom Peacecorps, das Budget ist aber wirklich niedrig, ich glaube gerade einmal 3 Mio Euro.
Mali selbst hat wohl nicht einmal 10000 Einwohner, ausser an Markttagen, dafür aber 3 Mobilfunkantennen, d.h. 3 Netze (bald kommt noch ein 4.), erstaunlich für einen Ort ohne Internet und Wasser und Strom.
Beim Strom tut sich wohl bald was, die Leitungsmasten sammt Leitungen stehen, die Leitungen waren vor einem Jahr schon geklaut worden und hängen erst seit 2 Wochen wieder.
Wie in der ganzen Gegend auch sind dafür zahlreiche Brunnen installiert, ein Grossteil wohl durch eine Finnische Kampagne. Diese geschlossenen Brunnen sind relativ sicher und man kann wohl nur mit einem Tropfen Chlor im Wasser trinken. In Mali sind einige Brunnen sogar mit Solarpumpe betrieben.
Wie auch im Rest der Region ist momentan in Mali Benzin Mangelware, Erich meint das liegt an den Tankstellenbetreibern, die nach den Preissenkungen noch das alte Benzin für teures Geld verkaufen wollen.
Nach dem Abendessen wird noch kurz eine Familie besucht und über die Nachrichten diskutiert, es gab wohl Festnahmen von einigen Militärs des alten Regimes im Lande, daraus wird dann in Mali gleich ein verhinderter Contrecoup gemacht.
Jetzt aber schnell zurück, die Nacht fällt rasch
Mali-Ville liegt auf einem Hügel des Hochplateaus

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